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Aufgrund Ihrer Anfragen zum Borkenkäfer...

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... im Nationalpark Bayerischer Wald:

 

NEU 03/09: Gastautorenbeitrag zum Thema "Nationalpark Bayerischer Wald und seine Gegner" von Forstdirektor a. D. Dr. Georg Meister:

 

(Meine >> Mail-Korrespondenz mit FDP-Mitglied Glockner erreichte auch Herrn Dr. Meister, der sich daraufhin bei mir meldete:)

 

03.03.2009

 

Sehr geehrte Frau Macht,

die Diskussion zur FDP-Position zum Nationalpark ist auf Umwegen auch zu mir gekommen. Und ich war sehr erstaunt und erfreut über Ihre Beiträge.

Mein Vater war bis 1967 Förster in der Finsterau und ich war oft in den dortigen Wäldern bis hinauf zum Lusen. Dort oben habe ich das lange und verdämmende Gras in den Lücken im Hochlagenwald fotografiert. Ich war früher überzeugt, dass Förster und Jäger ständig in die Natur eingreifen müssen, damit sie einigermaßen "funktioniert" und die Wünschen der Menschen erfüllen kann. Dann habe ich begonnen Forstwirtschaft zu studieren und bin zunächst in dieser Überzeugung gestärkt worden. Als Student habe ich viele Wälder bis hinauf nach Nordschweden gesehen und allmählich ist mein Glaube an die Allwissenheit der Förster und Jäger geschwunden. Meine Diplomarbeit habe ich 1952 über das "Höllbachgspreng" geschrieben. Mein Schlusswort war, dass die Förster noch viel von der Natur lernen können. Später war ich dann forstlicher Planer im Hochgebirge und habe nach kurzer Zeit den krassen Unterschied zwischen hervorragenden Zielen und schlechten Ergebnisse erkannt. Das habe ich auch auf dem Dienstweg vorgelegt. Später habe ich dann immer wieder das ehemalige Revier meines Vater und den übrigen Nationalpark besucht und dort immer wieder dieselben Stellen fotografiert. Aus diesen Vergleichsbildern habe ich die oft überraschende Entwicklung in dem "toten Wald" gesehen und sehr viel für meine Arbeit als Forstamtsleiter daraus gelernt. 
Nach meiner Pensionierung habe ich das auch in einem Buch über den Wald ("Die Zeit des Waldes") verarbeitet.
Das Kernproblem des Nationalparks sehe ich darin, dass man zunächst die sehr starke emotionale Bindung der Waldler an "ihren" Wald zu wenig beachtet hat. Sie haben jahrhundertelang von diesem Wald gelebt. Und dann haben ihnen viele Förster und Jäger (was ja oft dasselbe war) eingeredet, dass dieser vielfach manipulierte Wirtschaftswald sterben wird und kein Mensch mehr in den Bayerischen Wald kommen wird, wenn er nicht weiterhin manipuliert wird. Viele Menschen sind in den Wald gegangen und wollten genau das sehen. Und sie haben es auch gesehen und sehen es noch, wenn sie nur nach oben schauen. Aber wenn man bereit ist, unvoreingenommen nach unten auf den Waldboden zu schauen und von den natürlichen Entwicklungen zu lernen, dann sieht alles ganz anders aus. In den letzten 20 Jahren habe ich viele ähnliche Lücken im Hochlagenwald wie vor 50 Jahren. Wo früher langes verdämmendes Gras war, wachsen jetzt viele Waldweidenröschen und später dann Vogelbeeren und Fichten. 
Ich kenne inzwischen sehr viele Wälder (oder besser Forste) in Deutschland und auch viele Nationalparke. Ich bin der Meinung, dass der Nationalpark Bayerischer Wald das einzige Beispiel in Deutschland ist, wo wir alle von der Natur lernen könnten, wie wir für die weitere Nutzung unserer Wirtschaftswälder für das Wohl unserer Kinder und Enkel sehr viel Geld sparen könnten. Aber dafür muss man bereit sein, unvoreingenommen zu beobachten und zu lernen. Und das ist für viele Menschen offenbar sehr, sehr schwer.

Herr Glockner schreibt: "Wir kämpfen mit der Natur" und er will aussagen, dass er glaubt, wir müssen immer wieder gegen die Natur kämpfen. Das tun wir im Wald gegen den Rat so manches Forstwissenschaftlers und Försters seit über hundert Jahren. Und wir bezahlen das mit hohem finanziellem Aufwand. Ich hoffe, dass Menschen wie Sie erreichen, dass sich die Vernunft durchsetzt und wir bereit sind, weniger arrogant zu sein und vor der Natur zu lernen und so viel Geld zu sparen.

Ich danke Ihnen sehr für Ihre mutigen Stellungnahmen.

Mit freundlichen Grüßen

Georg Meister  

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Link zur >> Würdigung des Buches von Dr. Meister im Verlag Zweitausendeins

 

Auszug:

Für seine Arbeit zum Schutz des Waldes wurde Georg Meister im Juni 2005 der mit 30.000 EUR dotierte Bruno-H.-Schubert-Umweltpreis verliehen, "der höchst dotierte Preis für Natur und Umwelt in Deutschland" (Die Welt). Zu den frühreren Preisträgern gehören u.a. Jean-Yves Cousteau, Klaus Töpfer und Loki Schmidt.

 

Weitere Links:

Link zu ausführlichen >> Presserezensionen des Buches bei perlentaucher

Link zum >> Buch bei amazon mit Leserrezensionen

 


Text dieser Seite seit März 2008:

 

Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass ich diese Thematik ausklammern muss - die Kommentare würden ausufern und vom Kernthema dieser Website ablenken!

Dies bedeutet aber nicht, dass ich das Thema Borkenkäfer ignoriere oder für unwesentlich halte!

 

Ich möchte Sie hierzu auf eine hervorragende und ganz aktuelle Sendung des Bayerischen Fernsehens vom 12.03.2008 aus der Reihe "Faszination Wissen" verweisen, die die Hintergründe der weitreichenden Waldveränderungen in Mitteleuropa sehr verständlich und ausführlich behandelte.

 

Wankende Riesen - Der Überlebenskampf der Bäume

 

Der Link führt zu einem schriftlichen Abriss der Sendung, Sie können diese aber sicherlich auch als Mitschnitt beim BR-Mitschnitt-Service (Telefon: 01805/300430 (0,14 €/min), Fax: 089/5900 - 4320, E-Mail: mitschnitt.tv@brw.de) bestellen!

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Update (03.04.2008):

 

Da man mir seitens der Anti-Borkenkäfer-Bewegung vorwirft, ich würde ausweichen und vor noch größerer Landschaftszerstörung (Hochlagenwälder) die Augen verschließen, hier nun mein Statement dazu. Ich versuche, einen großen Bogen zu spannen. Und vorab: ich habe keinerlei Verbindungen zur Nationalparkverwaltung, zu irgendeiner Partei etc.!

 

 

Liebe Damen und Herren der Anti-Borkenkäfer-Bewegung und alle, die finden, dass "das im Nationalpark" noch viel schlimmer sei als überdimensionierte Baumaßnahmen:

 

Ihr Engagement, Ihren Kampf für unseren Wald und Ihre Sorge um ihn schätze ich sehr!

Angesichts meiner Initiative hier werden Sie mir das auch glauben, so hoffe ich. Ich stehe auf Ihrer Seite! Aber gestatten Sie mir bitte folgende Frage: Ist Ihnen bewusst, dass Sie mit Ihrem Kampf gegen den Borkenkäfer gegen die Symptome statt gegen die Ursachen einer Entwicklung kämpfen, für die wir alle die Verantwortung tragen?

 

Es war der Mensch, der aus wirtschaftlichen Gründen schnellwüchsige Fichten in Mitteleuropa großflächig als "Brotbaum" angepflanzt hat - eine Baumart der borealen Nadelwälder, also der kaltgemäßigten Zone. Es war der Mensch, der über viele Jahrzehnte die Wälder - gerade der Hochlagen (Niederschlagsbarriere) - mit Luftschadstoffen massiv geschädigt hat.

Und der Mensch ist es auch, der die viel zu schnelle Klimaveränderung, die wohl inzwischen niemand mehr anzweifeln dürfte, maßgeblich verursacht. Und genau deshalb wird es diesen - bereits vorgeschädigten - Fichten, die als Flachwurzler extrem unter einer Austrockung des Oberbodens leiden, hier jetzt auch noch viel zu warm und zu trocken.

 

Nicht der Borkenkäfer ist "schuld"! Der Borkenkäfer fungiert lediglich als "Gesundheitspolizei" des Waldes (die wir bekämpfen, wenn wir "den Käfer bekämpfen"), ähnlich wie z. B. die Hyänen in der Savanne die Gesundheitspolizei der Wildbestände sind. Wir müssen uns doch fragen, warum der Wald so schwach und anfällig geworden ist, dass er nun so großflächig und zweifellos radikal von der Natur selbst beseitigt wird! Denn die Natur ist radikal, sie kennt kein "schön" oder "nicht schön", sondern nur "überlebensfähig" oder "nicht überlebensfähig".

 

Gegen die Ursachen dieser dramatischen Entwicklung müssen wir etwas unternehmen!

 

Ich versichere Ihnen, dass wir in naher Zukunft in Deutschland und Mitteleuropa auf großen Flächen das Vertrocknen von Fichtenwäldern erleben werden, innerhalb wie außerhalb von Nationalparken. Der Sommer 2003 war ein erster Vorgeschmack. So, wie wir immer öfter vertrocknende Ernten auf Feldern sehen, so werden bald auch Fichtenforste betroffen sein.

Fichten mit ihrem flachen Wurzelwerk überleben lange Trockenperioden nicht!

 

Die 14 deutschen Nationalparke machen zusammen gerade mal ca. 0,5% der Fläche des Bundesgebietes aus (ohne die Watt- und Boddenflächen von Nord- und Ostsee, mit diesen sind es ca. 2,6%). Warum sind wir der Natur nicht dankbar, dass sie uns im Nationalpark quasi als eine Art Frühwarnsystem eindringlich und radikal demonstriert, auf welchem Holzweg sich die Menschheit mit ihrer Wachstumsideologie befindet? Genau das ist nämlich die Ideologie, gegen die Sie eigentlich ankämpfen müssten, wenn es Ihnen um unseren Wald geht! Statt "Stoppt den Borkenkäfer!" müsste eigentlich "Stoppt den Klimawandel!" oder "Stoppt den Wachstumswahn!" auf Ihren Aufklebern und Anstecknadeln stehen.

 

Aber nein, wir müssen wachsen und wachsen, sagen unsere Politiker gebetsmühlenhaft, unsere Wirtschaft muss wachsen, unsere Straßen müssen wachsen (auch im Frauenauer Wald... und diese Straßen ziehen dann wieder mehr (Güter-)Verkehr an und produzieren noch mehr CO² und so schraubt sich die Spirale immer weiter hoch...) und unsere Autos und Konten und Bäuche... alles muss immer weiter wachsen, weil das so sein müsse, damit es uns gut gehe... so sagt man uns.

Aber wo wachsen wir eigentlich hin??? Laufen wir nicht Gefahr, uns zu Tode zu wachsen?

Genau so, wie sich der Wald gerade zu Tode wächst. Die steigenden Temperaturen beschleunigen das Baumwachstum, aber das dafür nötige Wasser fehlt immer öfter... und der Baum stirbt. Zuerst die flachwurzelnde Fichte. Mit oder ohne Borkenkäfer.

 

Im Nationalpark schafft die Natur gerade Neues, wie auch immer das konkret aussehen mag. Es wird eine Vegetation sein, die unter den neuen Umweltgegebenheiten überlebensfähig sein wird, zumindest vorübergehend. Das kann uns allen nur als Lehre dienen und wir sollten gut zu- und hinsehen, was dort passiert. Die Natur demonstriert uns, wohin die Reise geht!

 

Im Moment werden noch Kriege um Erdöl geführt. Die nächsten werden um Wasser und fruchtbaren Boden geführt werden. Man muss kein Hellseher sein, um vorhersagen zu können, dass wir in 10, 20 oder 30 Jahren, wenn wir die letzten Ressourcen aus diesem Erdball gepresst haben, an einem Punkt angelangt sein werden, an dem auf dieser Erde nichts mehr sein wird, wie es war. An dem die Natur radikal auf die von uns selbst geschaffenen neuen Bedingungen reagieren wird und an dem wir die Auswirkungen unseres eigenen kurzsichtigen und dummen Handelns inklusive unserer brutalen Eingriffe in den Naturhaushalt und in die Lebensräume dieser Erde schmerzhaft spüren werden. So schmerzhaft, wie wir es uns heute noch gar nicht ausmalen können.

 

Uns allen sollte doch endlich bewusst werden, was auf dieser Erde gerade im Gange ist!

Dann wird auch klar, dass eine Initiative gegen diesen Bauwahnsinn nicht etwa nur ein unwichtiger Nebenschauplatz, sondern der ideologische Hauptschauplatz ist, an dem wir - auch für unseren Wald - zu kämpfen haben, im Namen der Vernunft und des gesunden Menschenverstands.

Und letztlich in unser aller Namen, für unsere eigene Zukunft.

 

Deshalb richte ich auch an Sie den dringenden Appell: Unterstützen Sie bitte diese Initiative!

 

 

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Und zur Untermauerung meiner Thesen hier noch eine Nachricht aus der Financial Times:

 

News - 11.04.08 12:18


Treibhausgas-Emissionen steigen rasant


Neue Forschungsergebnisse aus den USA übertreffen selbst die schlimmsten Befürchtungen des Weltklimarats: Demnach stieg der weltweiten Kohlendioxid-Ausstoß in diesem Jahrzehnt mehr als doppelt so schnell wie in den 90er-Jahren.

 

Der globale Ausstoß des Treibhausgases aus fossilen Brennstoffen habe sich von 2000 bis 2006 um insgesamt 20 Prozent auf eine Rekordmenge von 8,38 Milliarden Tonnen im Jahr 2006 erhöht, berichtete das Earth Policy Institute in Washington. Das entspreche einem Zuwachs von durchschnittlich 3,1 Prozent pro Jahr - mehr als doppelt so viel wie im vergangenen Jahrzehnt.

Für die Untersuchung stützte sich das Institut auf Daten des Carbon Dioxide Information Analysis Center der US-Regierung und der Ölfirma BP. Demnach sind fünf Länder - USA, China, Russland, Indien und Japan - für mehr als die Hälfte der weltweiten Kohlendioxid- Emissionen durch fossile Brennstoffe verantwortlich. Die Vereinigten Staaten und China kämen zusammen auf mehr als ein Drittel der globalen Emissionen, berichtete das Institut. Laut der Studie lag China 2006 nur noch knapp hinter den USA, die seit einem Jahrhundert der größte Produzent von Kohlendioxid sind. Chinas Emissionen hätten sich seit den 1990er Jahren mehr als verdoppelt.

 

Stärkerer Anstieg des Meeresspiegels

 

Damit überschreite der CO2-Anstieg selbst die schlimmsten Erwartungen des Weltklimarats IPCC, der im schlechtesten Fall von einem jährlichen Zuwachs von 2,3 Prozent in diesem Jahrzehnt ausgegangen sei. Entsprechend seien auch ein höher als erwarteter Temperatur- und ein stärkerer Meeresspiegelanstieg zu befürchten.

Fossile Brennstoffe seien nicht die einzige Kohlendioxidquelle, berichtete das Institut. Brandrodung und Abholzen von Wäldern sind nach seinen Daten derzeit für weitere zwei Milliarden Tonnen Kohlendioxid-Emissionen pro Jahr verantwortlich. Zugleich sinke mit den steigenden Temperaturen die Fähigkeit der Umwelt, Kohlendioxid aus der Atmosphäre in Pflanzen oder im Wasser der Ozeane wieder aufzunehmen. Eine detaillierte Untersuchung aus dem vergangenen Jahr habe bereits Hinweise auf eine entsprechende Verlangsamung der CO2-Aufnahme ergeben - viel früher, als Wissenschaftler erwartet hätten.

 

Trotz der alarmierenden Ergebnisse tun sich die Regierungen der Industriestaaten immer noch schwer, verbindliche Vereinbarungen zur Senkung des CO2-Ausstosses zu treffen. Am Freitag wurde bekannt, dass auch die Gespräche zwischen Deutschland und Frankreich über eine Reduktion der Flottenemissionen bei Autos ins Stocken geraten sind. In den entscheidenden Punkten seien noch keine Fortschritte bei der von den Umweltministern eingesetzten Arbeitsgruppe erzielt worden. Das bestätigte auch Matthias Wissmann als Präsident des Verbandes der deutschen Automobilindustrie (VDA): "Man ist in den wichtigen Fragen noch weit auseinander", sagte er Reuters. "Eine schnelle Einigung ist nicht in Sicht." Frankreich wolle die Debatte von den Umweltministern nun auf die Ebene Präsidentenamt und Kanzleramt heben, sagte ein Regierungsvertreter am Freitag in Berlin.

Deutschland bremst die Forderungen der Franzosen, da sich strikte Regelungen für die Oberklassehersteller Porsche, BMW, Daimler und Audi besonders stark auswirken würden, während die in den unteren Segmenten breit vertretene französische Autoindustrie Grenzwerte leichter erreichen kann.

 

Quelle: Financial Times Deutschland

 

 

 

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Eine Region verliert ihr Gesicht -
Initiative gegen die Landschaftszerstörung im Bayerischen Wald.

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