 Quelle: A-Med-World-AG, unabhängiges Medizinportal im Internet.
http://www.medicine-worldwide.de/persoenlichkeiten/prusiner.html 19.11.2000

Stanley B. Prusiner, Neurologe, Biochemiker, geboren am 28. Mai 1942 in den USA

Nach 25 Jahre währendem Forscherfleiß und vielen öffentlichen Auftritten hat Stanley Prusiner eine völlig neue Theorie über den Erreger der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJD) beim Menschen beziehungsweise als Rinderwahnsinn (BSE) bei Rindern oder der Traber-Krankheit (Scrapie) bei Schafen und Ziegen entwickelt.

Schon 1972 hatte sich Prusiner den Hirnerkrankungen zugewandt. Auslöser dafür war der Tod einer seiner Patientinnen, die an der CJD gestorben war. 1982 ging er erstmals mit seiner These an die Öffentlichkeit, daß nicht, wie bisher angenommen, ein Virus verantwortlich sei, sondern bestimmte Eiweißstoffe (Proteine), die von ihm als Prionen (Proteinaceous Infectious Particles) bezeichnet wurden. Als Prusiner seine Theorie vorstellte, wurde er von der Fachwelt bestenfalls belächelt meist aber heftig bekämpft. Trotzdem erhielt er 1997 dafür den Nobelpreis für Medizin, weil er, wie es in der Begründung heißt, "ein gänzlich neues Prinzip der Infektion" enträtselt habe.

...

Als Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Anerkennung hat er im Jahre 1997 den Medizin-Nobelpreis erhalten - er allein, und nicht, wie sehr oft üblich, gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern. Die Zukunft wird zeigen, ob das Nobelpreis-Komitee in Stockholm eine mutige und wegweisende Entscheidung oder aber eine Fehlentscheidung getroffen hatte.


 Quelle: Ärzte Zeitung, 10.06.1998
http://www.arztonline.de/docs/1998/06/10/106a0102.asp

Bei einem Zusammenhang müßten mehr erkrankt sein
US-Prionenforscher Prusiner bezweifelt, daß BSE die neue CJK auslöst

London (ast). Der US-Prionenforscher und Medizin-Nobelpreisträger Professor Stanley Prusiner von der University of California in San Francisco zweifelt daran, daß zwischen BSE und der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK) eine Kausalität besteht.

"Ich bin nicht von einem Zusammenhang überzeugt", sagte der Neurologe vor dem offiziellen BSE-Untersuchungsausschuß in London."Wenn es einen kausalen Zusammenhang tatsächlich gäbe, dann müßten mehr Patienten an vCJK erkranken."

Gefragt, was er von den Forschungsarbeiten halte, in denen große Ähnlichkeiten der Erreger und der pathologischen Veränderungen zwischen BSE beim Rind und vCJK beim Menschen festgestellt worden sind, antwortete Prusiner: "Die Arbeiten sind interessant und provokativ. Ich bin mir noch nicht schlüssig, wie ich die Ergebnisse interpretieren soll. Ich bin aber der festen Meinung, daß wir längst noch nicht alle Ursachen, die zur Entstehung von BSE und vCJK führen, kennen". Der US-Amerikaner räumte ein, daß das Alter der 25 bislang in Großbritannien an vCJK erkrankten Patienten "ungewöhnlich niedrig"sei. Doch wäre der Verzehr von BSE-Rindfleisch die alleinige Krankheitsursache, müßte es mehr Erkrankungen geben. "Solange wir nicht deutlich mehr Erkrankungen sehen, bleibe ich skeptisch."


Anm.: Der "Urvater" der Prionentheorie zweifelte also schon 1998! Ein seriöser Wissenschaftler. Seine Einschätzung wurde jedoch unter den Tisch gekehrt. Nachstehend einer der jungen, aufstrebenden Prionenforscher in der Nachfolge Prusiners, die während der BSE-Krise als offizielle (und alleinige) Berater der europäischen Regierungen auftraten. Andere Theorien wurden völlig ignoriert, teilweise auch aus staatlichem/politischem Kalkül heraus:


 Quelle: Facts, 09.11.2000
http://www.smd.ch/cgi-bin/facts/smd_dok.cgi?RA2000111001704

Unzählige Fragen

BSE - Das gesicherte Wissen über die Seuche ist kleiner denn je - und die Forschungsgelder werden knapper.

Autor: Von Odette Frey

«Das wissen wir nicht», sagt Adriano Aguzzi zum sechsten Mal innerhalb eines zwanzigminütigen Gesprächs. Der Zürcher Rinderwahn-Experte bringt es auf den Punkt: «Die wichtigsten Fragen beim Thema BSE sind noch offen.» Und immer wieder wird auch gesichertes Wissen über den Haufen geworfen: So starb kürzlich in England zum ersten Mal ein älterer Mann an der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJD), von der man annimmt, dass sie durch den Verzehr von BSE-verseuchtem Rindfleisch verursacht wird. Der 74-jährige Tote passt schlecht ins Bild: Bis dahin dachte man, dass diese Hirnerkrankung nur bei jungen Menschen auftritt.

In der Schweiz erreichte die Verunsicherung bei Behörden, Wissenschaftlern und Konsumenten letzte Woche ihren Höhepunkt:
Zum ersten Mal erkrankten zwei Kühe an BSE, die nach Inkrafttreten der verschärften Futtermittel-Bestimmungen von 1996 geboren wurden. Aufgeschreckt verlangt das Bundesamt für Veterinärwesen ein Tiermehl-Verbot für alle Nutztiere. «Das heisst nicht, dass nun keine Fälle mehr auftreten», warnt Aguzzi. Andere Übertragungswege wie von Mutter zu Kalb oder gar einen noch unbekannten Weg können die Experten nicht ausschliessen.

Auch in anderen Ländern besteht wenig Grund zu Optimismus: Frankreich verzeichnet eine Zunahme der Fälle, derweil ist in England die Zahl der an vCJD erkrankten Menschen dieses Jahr auf 29 angewachsen - doppelt so viele wie jeweils in den letzten zwei Jahren. Der qualvolle Todeskampf der erst 14-jährigen Zoe Jeffries flimmerte vorletzte Woche über britische Bildschirme und erregte die Gemüter. Sie ist eines der jüngsten von über achtzig Opfern, die bis auf einige wenige Fälle alle in England aufgetreten sind.

Die Seuche konfrontiert die Experten noch immer mit unzähligen Fragen: Woher kommt der Erreger? Wie verbreitet er sich? Sind Muskelfleisch und andere tierische Produkte, die auf unseren Tellern landen, heute wirklich sicher?

«Die Aussagen darüber, was wahrscheinlich, was unwahrscheinlich ist, sind mit Vorsicht zu geniessen», sagt der deutsche BSE-Experte Hans Kretzschmar von der Universität München. «Man hat sich in der Vergangenheit so oft getäuscht.»

Akut ist insbesondere die Sorge über die Verbreitung des rätselhaften Erregers. Zum jetzigen Zeitpunkt kann nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass nicht auch Schafe, Schweine und Hühner infiziert sind. Als besonders bedrohlich gelten die Schafe, denn sie erkranken an einer der BSE verwandten Krankheit: Scrapie. «Seit einigen Jahren geistert der Verdacht herum, dass einige dieser Scrapie-Fälle in Wirklichkeit BSE-Fälle sind», sagt Aguzzi. Und einmal mehr: «Wir wissen es nicht.»
Die britische Food Standard Agency fordert nun bessere Tests für Scrapie-Schafe. Der letzte Schweizer Fall trat 1999 auf und wird ebenfalls untersucht. Das Resultat wird in etwa einem Jahr vorliegen.

Mehr Forschung tut Not. Doch Aguzzi fürchtet, dass die Gelder bald knapp werden. «Für die EU ist BSE forschungsmässig heute zweite Priorität», sagt der Neuropathologe. Auch der Schweizer Geldfluss wird kleiner: Das Nationalfonds-Programm 38+, eine der Hauptquellen für die BSE-Forscher, läuft diesen Herbst aus. Gleiches Bild in Deutschland: Auch hier ist das staatliche Förderungsprogramm ausgelaufen. Zusätzlich zu den vielen ungelösten Rätseln kämpfen die BSE-Forscher gegen die Zeit: Wegen der langen Inkubationszeit dauern Versuche oft mehrere Jahre. Für Aguzzi kein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen: «Wir müssen das alles einfach wissen!»
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 Quelle: ETH Zürich; http://www.ethlife.ethz.ch/interview/showprint/0,1046,0-2-73,00.html

Rubrik: Freitags-Interviews

Uni-Professor Adriano Aguzzi zum Rinderwahnsinn - Die Gefahr lauert im Menschen

Erschienen 01.12.2000, 00:00, Modifiziert 04.12.2000, 09:16

Rindfleisch ist nicht das Problem. Die Gefahr lauert vielmehr in der Übertragung von Mensch zu Mensch. Diese brisanten Aussagen machte der bekannte Prionenforscher Adriano Aguzzi im Gespräch mit ETH Life. Zehn Jahre nach AIDS droht Europa im schlimmsten Fall eine zweite Epidemiewelle.

Von Jakob Lindenmeyer und Richard Brogle

Nach den täglichen Schlagzeilen zum Rinderwahnsinn die Frage an den Fachmann: Essen Sie noch Rindfleisch?

Ja. Muskelfleisch ist für mich kein Problem. Sie müssen allerdings aufpassen mit der Definition des Begriffs Rindfleisch. Der Steak-Konsum trägt wohl am wenigsten Schuld für den Rinderwahnsinn beim Menschen, denn im Muskelfleisch ist nie infektiöses Material nachgewiesen worden. Das bedeutet allerdings nicht, dass es im Muskelfleisch nicht auch bösartige Prionen hat. Sie konnten aber bisher nicht nachgewiesen werden.
Aguzzi: "Ich bin sehr beunruhigt."

Ist Rindfleisch also unproblematisch?

Problematisch ist, was ich als "mechanically recovered meat" bezeichnen würde. Das heisst, Fleisch wird mit Fräsen aus der Wirbelsäule herausgelöst. Das hat eine massive Kontamination mit hochinfektiösem Rückenmark zur Folge. Über diese Form der Fleischrestverwertung habe sich wahrscheinlich die meisten Menschen mit dem Rinderwahnsinn-Erreger infiziert.

...

In einem früheren Interview sagten Sie, in Europa seien 100 Millionen Menschen mit dem Rinderwahnsinn-Erreger in Kontakt gekommen.

Zu dem stehe ich.

Modellrechnungen in Nature gehen von 20'000 bis 136'000 Erkrankungen aus. Wie kommen Sie auf die 100 Millionen?

Meine Aussage bezieht sich auf die Menschen, die mit dem Rinderwahnsinn-Erreger in Kontakt gekommen sind. Nicht all diese Menschen haben sich angesteckt, und nicht all diejenigen die sich angesteckt haben, werden in der Zukunft krank werden: Am Ende sind dies aber alles nur Zahlenspielereien, denn wir haben keine Ahnung über genetische Dispositionsfaktoren. Auch haben wir erst eine Handvoll Fälle. Darum sind solche Berechnungen und Simulationen noch nicht sehr aussagekräftig.

In England sind mittlerweile über 80 Menschen an der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit erkrankt. Wie schätzen Sie die Situation dort ein?

Ich bin sehr beunruhigt. Ich glaube es sieht nicht gut aus. Die Zahl der Erkrankungsfälle in Grossbritannien nimmt zurzeit exponentiell zu.

Und wann trifft es in der Schweiz den ersten Menschen?

Ich finde die allgemeine Erwartungshaltung nach dem ersten Rinderwahnsinn-Opfer etwas makaber. Alle Leute fragen mich: "Wann kommt endlich mal das erste Opfer in der Schweiz?" Ich hoffe natürlich, dass es bei uns nicht soweit kommt. Allerdings befürchte ich, dass wir von der Seuche nicht verschont bleiben.

Literaturhinweise:
• Aguzzis Institut fuer Neuropathologie: www.unizh.ch/pathol/neuropathologie
• Homepage von Professor Adriano Aguzzi: www.neuroscience.unizh.ch/e/groups/aguzzi00.htm
• Aktionsgruppe zur Bekaempfung des Rinderwahnsinns in der Schweiz: www.rinderwahnsinn.ch
• Informationen zur menschlichen Variante des Rinderwahnsinns: www.cjd.ed.ac.uk

Zur Person
Der 40jährige italienische Neuropathologe Adriano Aguzzi ist Direktor des Instituts für Neuropathologie am Universitätsspital Zürich und des Schweizerischen Referenzzentrums für Prionenkrankheiten. Er ist Mitglied des BSE-Beratungsausschusses der britischen Regierung und der EU-Kommission. Aguzzi gilt als einer der weltweit führenden Experten für die menschliche Variante von Rinderwahnsinn. In der neusten Ausgabe von "Nature" publizierte er einen Ansatz, um bösartige Prionen im Blut nachzuweisen und Blutprodukte zu reinigen.


 Quelle: DIE WELT, 14.03.2001 http://www.welt.de/daten/2001/03/14/0314ws240214.htx#wwwlinks

Interview mit Adriano Aguzzi (Ressort: Wissenschaft):

BSE-Erreger sollen auf dem Weg ins Hirn gestoppt werden

Prionen-Experte Aguzzi ist optimistisch, dass schon bald bei infizierten Menschen der Ausbruch der tödlichen Krankheit verhindert werden kann.

Die tödlichen Prionenerkrankungen BSE, Scrapie oder Creutzfeldt-Jakob geben den Wissenschaftlern noch immer viele Rätsel auf. Professor Adriano Aguzzi von der Universität Zürich hat den Kampf gegen die geheimnisvollen Erreger aufgenommen.
Professor Adriano Aguzzi von der Universität Zürich gehört zu den international führenden Prionenforschern. Über die Entstehung, Ausbreitung und Bekämpfung von BSE und der verwandten Creutzfeldt-Jakob-Krankheit sprach mit ihm Norbert Lossau.

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DIE WELT: Wie sicher lassen sich Fälle der klassischen von der neuen CJK-Krankheit unterscheiden?

Aguzzi: ... Die neueVariante hat einen schleichenden Beginn. Die klassische Variante hat einen schlagartigen, meist sehr schnell fortschreitenden Krankheitsverlauf. Sie befällt ältere Menschen, während von der neuen Variante jüngere Menschen betroffen sind. Die Differenzialdiagnose ist nicht schwierig.

DIE WELT: Und auch pathologisch lassen sich die beiden Krankheiten gut voneinander unterscheiden?

Aguzzi: Ja. Das Gewebe sieht in beiden Fällen deutlich anders aus. Es sind wirklich zwei sehr unterschiedliche Krankheiten.

DIE WELT: Aber wie ist es dann möglich, dass beide Krankheiten durch das gleiche Protein ausgelöst werden sollen?

Aguzzi: Das ist in der Tat noch unklar. Ich gehe davon aus, dass die Unterschiede der Krankheiten etwas mit der räumlichen Struktur des Proteins zu tun haben. Die ist wahrscheinlich unterschiedlich.

DIE WELT: Die Vielfalt der Erkrankungen ist also kein Argument gegen die Prionentheorie?

Aguzzi: Nein. Ich glaube, das kann man mit etwas Gedankenakrobatik durchaus erklären.

DIE WELT: Doch es gibt andere Punkte, die sich nicht mit der Prionentheorie vertragen.

Aguzzi: In der Prionentheorie geht man davon aus, dass ein pathologisch gefaltetes Prionprotein im Stande ist, ein normales Prionprotein in ein Abbild seines selbst zu verwandeln. Wenn das stimmt, dann müsste es auch möglich sein, diesen Vorgang im Reagenzglas zu reproduzieren. Aber das ist bis heute nicht gelungen. Nun kann es immer Tausend Gründe geben, warum ein Experiment nicht gelingt. Es kann einfach sein, dass irgendwelche trivialen Bedingungen nicht stimmen - die Ionenkonzentration, der pH-Wert oder die Temperatur und so weiter und so fort. Ich glaube, dieses ist in der Tat ein plausibles Argument. Aber Tatsache ist, und das ist ernüchternd und mittlerweile sogar ein bisschen peinlich, dass es noch immer nicht gelungen ist, den Erreger im Reagenzglas zu reproduzieren. Es wäre schon schön, wenn das endlich mal klappen würde.
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DIE WELT: Wann wird es denn die ersten Bluttests geben?

Aguzzi: Dazu möchte ich nichts sagen. Das ist in der Wissenschaft so, plötzlich machen sie eine Entdeckung, und dann geht alles sehr schnell. Oder sie machen eben nicht die Entdeckung, und dann geht es sehr viel langsamer. Die Forschung ist da ein bisschen wie ein Lottospiel. Je mehr Tickets Sie kaufen, desto wahrscheinlicher ist es, dass Sie gewinnen. Im Moment werden sehr viele Tickets gekauft, aber auch das gibt Ihnen keine Gewinngarantie.

DIE WELT: Allein auf der Basis dessen, was man schon heute weiß, lässt sich doch zumindest eine grobe Abschätzung machen?

Aguzzi: Das hängt von Dingen ab, die vertraulich sind und über die ich nicht in der Zeitung reden kann. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich sehr optimistisch bin und dass alles relativ schnell gehen wird.
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(Anm. Bis heute, Ende 2008, gibt es KEINEN Bluttest)


 Quelle: Tagesspiegel Online 30.11.2000 - Nachrichten: Wirtschaft
http://195.170.124.152/archiv/2000/11/29/ak-wi-9064.html

BSE: Biotech-Firmen profitieren
Die Nachfrage nach BSE-Schnelltests ist stark gestiegen / Gute Zukunftsaussichten


Der BSE-Skandal in Deutschland stürzt zwar die Bauern in die Krise, andere Branchen, wie die Biotechnologie, werden von den jüngsten BSE-Fällen dagegen profitieren. Und zwar vor allem solche, die Verfahren entwickelt haben oder noch entwickeln, um BSE zu identifizieren und Rinder zweifelsfrei zu markieren.

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Die Zukunftsaussichten für die Anbieter von BSE-Schnelltest sind hervorragend, nachdem die die EU angekündigt hatte, ab Januar 2001 alle geschlachteten Rinder im Alter von mehr als 30 Monaten auf BSE zu testen, wenn sie Symptome der Seuche aufweisen. Nach Expertenschätzungen können jährlich bis zu acht Millionen Tests anfallen.

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 Quelle: Homepage Prionics AG; http://www.prionics.ch

Die Prionics AG ist eine Spin-off Firma an der Universität Zürich (Anm.: enge Verbindung auch zu Prof. Adriano Aguzzi, s. o.) , die von den drei Wissenschaftlern Dr. Bruno Oesch, Dr. Markus Moser und Dr. Carsten Korth im Februar 1997 gegründet worden ist. Zweck der Gesellschaft ist die Forschung auf dem Gebiet der Biomedizin, insbesondere im Bereich der Prionenerkrankungen, sowie die Entwicklung und Durchführung von entsprechenden Tests.

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Die Prionics AG: Ein Prionen-Kompetenzzentrum

Konsumenteninformationen: Fragen und Antworten zum BSE-Test

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Was kostet der Prionics-Check?

Die konsequente Anwendung des Prionics-Check in der Schweiz würde etwa 10 –15 Millionen Franken kosten. Pro Kilo Schlachtgewicht würde dies gerade einmal ca. 25 – 35 Rp. ausmachen. Kann damit auch nur ein einziger zusätzlicher Fall von Creutzfeldt-Jakob-Krankheit verhindert werden, ist dieser Preis angesichts des vermiedenen Leids und vermiedener Kosten ausgesprochen gering.

Wer ist die Prionics AG?

Prionics AG ist ein junges Unternehmen an der Universität Zürich, das sich auf Forschung und Entwicklung von Diagnostica und Therapeutica für Prionen-Erkrankungen spezialisiert hat. Die Firma wurde im Februar 1997 von drei Prionenforschern mit Startkapital von Privatpersonen gegründet.

Der BSE-Test, Prionics-Check, wurde ursprünglich an der Universität Zürich in einem Nationalfondsprojekt entwickelt. Der Kanton Zürich als Patentinhaber stellt der Prionics AG alle Rechte aus diesen Patenten zur Verfügung. Dafür erhält er Lizenzgebühren, die für weitere Forschung an der Universität verwendet werden.

Rubrik „News“:

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23.11.1998 : Einführung des Prionics BSE-Tests in Deutschland

Das Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft von Nordrhein-Westfalen führt ein BSE Überwachungsprogramm ein, in dem 5000 Rinder mit dem neuen Prionics BSE-Test auf BSE geprüft werden sollen. Zugleich fordert die Ministerin Bärbel Höhn die Einführung des Tests in weiteren EU Mitgliedstaaten.

25.02.1999: Aktives BSE-Überwachungsprogramm in der Schweiz mit Prionics-Check

Wie das Eidgenössische Bundesamt für Veterinärwesen heute bekanntgab, wird in der Schweiz ab 1. März 1999 ein aktives BSE-Überwachungsprogramm eingeführt. Dabei sollen nun gezielt einzelne Rinderpopulationen mit dem BSE-Test der Prionics AG auf Ihren Durchseuchungsgrad mit BSE untersucht werden. Eine bereits durchgeführte Untersuchung an gefallenen Tieren ergab eine überraschend hohe BSE-Inzidenz: 4 von 950 untersuchten Tieren waren infiziert.
Im Rahmen des BSE-Untersuchungsprogramms sollen 1999 mindestens 13'500 Tiere getestet werden.

28.06.1999: Erfolgreicher Abschluss der BSE-Untersuchungen in Nordrhein-Westfalen / Ministerin Bärbel Höhn fordert den Einsatz des Prionics BSE-Tests in anderen EU-Ländern.

Beim einem heute durchgeführten Pressefrühstuck erörterte die nordrhein-westfälische Umweltministerin Bärbel Höhn die Resultate der kürzlich abgeschlossenen BSE-Überwachungsstudie. Insgesamt waren 5029 Schlachttiere aus verschiedenen Schlachthöfen betestet worden. 3199 dieser Tiere befanden sich in einem Alter zwischen 3 bis 5 Jahren, welches das grösste BSE Risiko birgt. Alle Testresultate waren negativ.

Basierend auf den positiven praktischen Erfahrungen mit dem BSE-Test in der Schweiz und in Deutschland forderte die Ministerin nun die Ausweitung der Tests in andere EU Länder.

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Das weltweit einzigartige Schweizer Überwachungsprogramm hat internationale Anerkennung gefunden und soll nun auch in anderen europäischen Ländern eingeführt werden.

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Alternative - und deutlich schlüssigere - Theorien:

 Quelle: http://www.sonntagszeitung.ch/1998/sz23/82616.HTM

07.06.98

Rinderwahn: Pestizide unter schwerem Verdacht
Dramatische Ergebnisse einer britischen Studie – Schweizer Behörden sehen keinen Handlungsbedarf

VON URS ELLENBERGER UND JÜRGEN KRÖNIG

BERN/LONDON - Immer mehr deutet darauf hin: Pestizide haben die BSE-Seuche mitverursacht. Auch in der Schweiz werden entsprechende Mittel eingesetzt. Doch die Behörden sehen keinen Grund zum Handeln.

Mit Skepsis, Ablehnung und Spott wurde der britische Biobauer Mark Purdey von BSE-Forschern bedacht, als er zu Beginn der neunziger Jahre erstmals seine These präsentierte. Nicht verseuchtes Tiermehl, sondern Organo-Phosphate (OP), die auch in der Schweiz zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden, treiben die Kühe zum Wahnsinn. Sein Verdacht richtete sich vor allem auf die OP-Untergruppe Phosmet.

Jetzt endlich liegt das Ergebnis einer wissenschaftlichen Untersuchung von Purdeys These vor: Ein Team des Londoner Instituts für Psychiatrie unter Leitung des Mikrobiologen Dr. Stephen Whatley hat die Ergebnisse einer Testreihe im Fachjournal "Neuroreport" veröffentlicht. Laut Whatley hat dabei das Prion-Protein "dramatisch" auf das OP-Präparat reagiert. Der Mikrobiologe spricht zwar nicht von einer "Verursachung", aber es sei durch die chemische Behandlung die Möglichkeit einer erhöhten "Anfälligkeit" der Rinder für BSE gegeben.

Zu weiterem Ansehen gelangte Purdey durch die öffentlichen Hearings über BSE, die im Februar in Grossbritannien angelaufen sind. Der wissenschaftliche Leiter des Komitees, Malcolm Fergusson-Smith, Genetiker an der Universität Cambridge, erklärte nach der Befragung Purdeys, dass mehr Forschung im Bereich Organo-Phosphate dringend geboten sei.

Der Grund für die Zurückhaltung ist leicht nachvollziehbar. Sollte Purdeys Theorie von einer chemischen Vergiftung als Auslöser oder auch nur Verstärker richtig sein, hätte das gravierende Folgen: Die britische Regierung müsste mit milliardenschweren Schadenersatzforderungen von Bauern rechnen, die man per Gesetz zum Einsatz der Organo-Phosphate gegen die Dasselfliege gezwungen hatte. Die agrochemische Industrie verlöre womöglich eines ihrer absatzstärksten Produkte.

Auch in der Schweiz werden jährlich Tausende Rinder gegen Dasselfliegen behandelt - vor allem mit dem OP-Präparat Neguvon. Bislang geschah dies auf Empfehlung. Doch seit vergangenem Jahr ist die Behandlung in den betroffenen Gebieten sogar per Verordnung vorgeschrieben. Eine Massnahme, die bei Bauern und Konsumentenschützern auf Unverständnis stösst (siehe Kasten).

Wie die Phosmet-Präparate in Grossbritannien wird auch Neguvon den Kühen im sogenannten "pour on"-Verfahren aufs Rückgrat geträufelt. Das Pestizid dringt in den Organismus der Kuh ein und attackiert das Nervensystem der Dasselfliege, die bis zu neun Monate in der Kuh nistet. Purdey glaubt, dass Phosmet auch die Nerven des Kalbembryos im Mutterleib angreift.

Beim Bundesamt für Veterinärwesen (BVET) sieht man trotz der neuen Erkenntnisse keinen Handlungsbedarf. Die Ergebnisse von Stephen Whatley seien noch lange kein Beweis dafür, dass Phosmet etwas mit BSE zu tun habe, heisst es beim BVET. Immerhin: Man räumt ein, dass das Präparat die Anfälligkeit für eine BSE-Erkrankung erhöhen könnte. "Für einen Beweis wären Untersuchungen am lebenden Tier notwendig", sagt BVET-Tierärztin Dagmar Heim. Zudem hätten sich die britischen Forscher ausschliesslich auf Phosmet konzentriert. Und solche Präparate würden hier nicht bei Rindern eingesetzt, sondern "nur" bei Schweinen sowie im Gemüse- und Obstbau. Doch gerade Schweinefett, in dem sich OPs anreichern, landet noch immer im Rinderfutter.

Das Interesse an der OP-These scheint hierzulande nicht allzu gross, auch wenn man bei den zuständigen Stellen das Gegenteil versichert. Jedenfalls sind bis heute keine Versuche mit OPs geplant. Für Heinzpeter Studer von der Konsumenten-Arbeitsgruppe für eine Tier-und Umwelt-freundliche Tierhaltung (KAG) ist die zögerliche Haltung des BVET "höchst bedenklich". Für Studer wäre Forschung über OP auch deshalb notwendig, weil sie eine Erklärung liefern könnte für die Erkrankung von Rindern, die nach dem Tiermehlverbot von 1990 geboren wurden. In Grossbritannien gibt es bis heute rund 35 000 solcher Fälle, in der Schweiz 37.

In Grossbritannien sorgt überdies eine Untersuchung der Toxikologin Jane Axelrad für Aufsehen. Sie bringt OP-Pestizide in Verbindung mit der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJD). Die Forscherin widerspricht damit der gängigen Annahme, vCJD gehe auf den Verzehr von BSE-infiziertem Fleisch zurück. Vielmehr sieht sie eine gemeinsame Ursache der beiden Krankheiten.

So erkrankten allein um die südenglische Ortschaft Ashford sieben Menschen an vCJD, darunter zwei strikte Vegetarier. In Ashford werden nicht nur OPs produziert, sie werden in der Gegend auch massiv im Hopfen-anbau eingesetzt.

Axelrads Schlussfolgerung, die sie jetzt im Fachblatt "Medical Hypothesis" veröffentlicht hat: Organo-Phosphate können nicht nur in Rindern BSE auslösen; in genetisch disponierten Menschen käme es nach dem Kontakt mit diesen Mitteln vereinzelt zum Ausbruch von vCJD. "Niemand garantiert mir, dass dadurch nicht andere Schäden entstehen"

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 Quelle: UNIVERSITÄT ZÜRICH Institut für Veterinärpharmakologie und –toxikologie
http://www.vetpharm.unizh.ch/wir/00000073/2116__F.htm

Phosmet - Pharmakologie
CliniPharm, Wirkstoffdaten

Allgemein
Phosmet ist ein Mittel zur Bekämpfung von Ektoparasiten mit insektizider und akarizider Wirkung. Es
wirkt wie alle Organophosphate als Kontakt-, Frass- und Atemgift (Müller E, 1993; Meermann A,
1978; Liebisch AM, 1980).
...


Phosmet - Unerwünschte Wirkungen
...
Systemische Nebenwirkungen
Bei geringfügiger Überdosierung können parasympathomimetische Nebenwirkungen, wie Salivation, steifer Gang und Depression auftreten (Roberts IH, 1978; Ungemach FR, 1994)
...
Chronische Toxizität
Bei Überleben einer akuten Organophosphatvergiftung können neurotoxische Folgeschäden auftreten.
Diese manifestieren sich als Muskelschwäche und Ataxie, besonders an den Hintergliedmassen. Je
nach Organophosphatverbindung kann dieser Zustand irreversibel verlaufen oder aber auch langsam
über Wochen zur Regeneration führen.
Auch eine andauernde starke Hemmung der Cholinesterasen durch Organophosphate führt zu degenerativen Veränderungen an den Nervenachsen (Demyelinisierung), beginnend an den peripheren motorischen Bahnen, über den Spinalstrang zum Hirnstrang fortschreitend (Kühnert M, 1991).
...

© 2001 Institut für Veterinärpharmakologie und -toxikologie, Winterthurerstr. 260, CH-8057 Zürich, Schweiz
Es kann keinerlei Haftung für Ansprüche übernommen werden, die aus diesem Kompendium erwachsen könnten.


 Quelle: Homepage der Arbeitsgruppe um Professor Roland Scholz, München; www.bse.ts-ag.de

Wider die Rinderwahn-Hysterie

In der Aufregung um BSE und Creutzfeld-Jacob wird kaum zwischen Hypothese und erwiesenen Tatsachen unterschieden. Die folgenden Texte sollen eine Orientierungshilfe geben.

Der Autor beschreibt die Pathogenese der spongiformen Enzephalopathien als einen
genetischen Defekt von Membranproteinen auf Nervenzellen, wie sie von Prusiner Anfang der 80er Jahre aufgeklärt wurde. Er belegt, dass jedoch die Hypothese, ein „infektiöses Protein“ (genannt Prion) habe über Tiermehl im Futter Rinder „infiziert“, den Erkenntnissen von Biochemie und Physiologie widerspricht.

Dagegen lässt sich die vermeintliche Epidemie in England mit einer Erbkrankheit unter Rindern (als Keimbahnmutation) erklären, die aufgrund von züchterischen Maßnahmen in bestimmten Rinderrassen gehäuft auftrat. Erbkrankheiten unter Tieren aber stehen nicht im Verdacht, mit der Nahrung auf den Menschen überzugehen.

Der Autor vermutet in den sporadisch aufgetretenen BSE-Fällen in Deutschland somatische Mutationen bei einzelnen Rindern, die durch mutagene Noxen in einem frühen Entwicklungsstadium entstanden sind. In einem Brief an den Bayerischen Bauernverband schreibt er: Ein gehäuftes Sichtbarwerden von genetischen Defekten, entweder als manifeste Erkrankung (wie in England) oder als histologischer Nachweis einer krankmachenden Disposition (wie derzeit in Deutschland), ist keine Seuche, gegen die nach dem Seuchengesetz vorgegangen werden muss.

Die Redaktion

Über den Autor:
Professor Dr. med. Roland Scholz, Arzt und Biochemiker, Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Stoffwechselbiochemie, einschließlich Ernährung und Stoffwechselkrankheiten, vormals Institut für Physiologische Chemie, Physikalische Biochemie und Zellbiologie der Ludwig-Maximilians-Universität München

Zum Vortrag: „ BSE — eine Gefahr für die menschliche Gesundheit?“
...

am 12. März 2001 in Landau auf Einladung der Bayerischen Jungbauernschaft

Erste Frage:
Was sind spongiforme Enzephalopathien (SE) und wie entstehen sie? Was ist ein Prion?
...
Antwort:
Erstens, die Prionen-Hypothese von Prusiner beschreibt den Mechanismus für die Entstehung von Enzephalopathien (SE) aufgrund von Änderungen in der Raumstruktur eines Membranproteins auf Nervenzellen. Zweiten, diesen Strukturänderungen liegen genetische Defekte (vererbte oder erworbene Mutationen im zugehörigen Gen) zugrunde, die das Umklappen von der nativen helikalen Struktur in eine wellblechartige Struktur begünstigen. Drittens, das Umklappen des mutierten Proteins kann zusätzlich begünstigt werden durch Umweltfaktoren, zum Beispiel Kupfer-Mangel, Mangan-Vergiftung, Einlagerung von hydrophoben Molekülen (Gifte) in die Lipidschicht von Membranen.

Zweite Frage:
Was ist unter „Übertragbarkeit der spongiformen Enzephalopathien“ zu verstehen?

1)Die Vorstellung, degenerative Gehirnerkrankungen seien durch Nahrung übertragbar, die Gehirn von erkrankten Tieren enthält, geht auf Gajdusek zurück. In seinem Nobelpreis-Vortrag 1976, berichtete er von kannibalischen Ritualen der Eingeborenen in Papua-Neuguinea, die das Gehirn der Verstorbenen essen. War jemand an Kuru (eine SE) verstorben, so erkrankten die Angehörigen ebenfalls an Kuru. Er behauptete, dass Kuru nach Verbot des Kannibalismus verschwunden sei. Inzwischen wird aber angezweifelt, ob es diese Rituale überhaupt gab, (niemand hat sie gesehen, auch Gajdusek nicht). Vermutlich ist die wissenschaftliche Welt einem Märchen aufgesessen. Unangetastet aber ist nach wie vor das Dogma: Spongiforme Enzephalopathien sind mit der Nahrung übertragbar.

2) Gajdusek, Prusiner u.v.a. zeigten, dass eine SE experimentell übertragen werden kann, indem man Material aus krankem Gehirm direkt in das Gehirn gesunder Tiere einbringt (intrazerebrale Injektion). Ein bis zwei Jahre später lassen sich im Gehirn dieser Tiere dann ebenfalls die Zeichen einer SE nachweisen.
...

4) Während die Übertragbarkeit durch intrazerebrale Injektion praktisch immer gelingt, (falls die Versuchstiere nicht an Traumatisierung oder Abwehrreaktionen des Immunsystems sterben), sind die Experimente zur oralen Übertragbarkeit nicht eindeutig. Ein Beispiel steht für viele: Mäuse mussten innerhalb einer Woche rohes Gehirn aus BSE-kranken Kühen in einer Menge fressen, die ihrem Körpergewicht entsprach. Von 10 Mäusen des einen Stammes starben im Laufe von 2 Jahren 5 mit den Zeichen einer SE. Von 8 Mäusen eines anderen Stammes waren nach 2 Jahren alle 8 unauffällig.

5) Die orale Übertragbarkeit der Prionen, wenn es sie wirklich gibt, würde etliche Erkenntnisse aus Biochemie und Physiologie auf den Kopf stellen: Ein Aggregat aus Eiweißmolekülen, die nur aufgrund ihrer Raumstruktur eine „infektiöse“ (autokatalytische) Eigenschaft haben, dürfte in seiner Raumstruktur nicht angetastet werden durch Hitzebehandlung des prionenhaltigen Materials, Säureattacken im Magen, Angriff der Verdauungesenzyme im Dünndarm. Es müsste nicht nur komplett, sondern auch mit genau dieser Struktur die Darmwand passieren, im Blut nicht als Fremdeiweiß vom Immunsystem erkannt werden und schließlich die schützende Blut-Hirnschranke überwinden.

Zusammenfassende Antwort:
Erstens, die Übertragbarkeit des spongiformen Enzephalopathien leitet sich ab von Laborexperimenten, in denen Hirnmaterial SE-kranker Tiere (Prionen) direkt in das Gehirn gesunder Tiere injiziert wurde. Das ist jedoch nicht der Weg, auf dem außerhalb des Labors eine Übertragung erfolgen könnte.
Zweitens, die Prionen-Hypothese von Prusiner in ihrer ursprünglichen Fassung beschreibt nicht einen neuartigen Infektionsweg für Krankheiten, die von Tier auf Tier und von Tierart auf Tierart übertragen werden.
Drittens, die Möglichkeit, dass Prionen auf oralem Wege (mit der Nahrung via Magen, Darm, Darmwand, Blut, Blut-Hirnschranke) ins Gehirn gelangen können, ist zwar nicht sicher auszuschließen. Es müssten dann aber völlig neuartige Mechanismen bestehen, für die es bislang nur wilde Spekulationen gibt (zum Beispiel Transport der Prionen durch weiße Blutkörperchen oder in Nervenfasern).

Dritte Frage:
War Tiermehl die Ursache der BSE-Epidemie in England?

1) Die offizielle Lehrmeinung lautet: Die BSE-Epidemie entstand durch Verfütterung von Tiermehl aus Kadaverfabriken, die Scrapie-kranke Schafe verarbeiteten. Die darin enthaltenen Prionen wurden nach Senkung der Verarbeitungstemperatur nicht zerstört.

2) Verfangen in dem von Gajdusek aufgestellten Dogma, dass spongiforme Enzephalopathien Infektionskrank-heiten sind, die durch Nahrung übertragen werden können, suchte man bei Bekanntwerden gehäufter BSE-Fälle nach einer Ursache ausschließlich auf der Denkschiene dieses Dogmas. Das infektiöse Agens war — laut Prusiner — das Prion aus dem Gehirn von SE-kranken Tieren, das ins Tiermehl gelangt war. Dogmatisches Denken führt zu leichtfertiger Hypothesen-Bildung, so auch hier..

3) Gegen die Tiermehl-Hypothese spricht ...

(a) die Tatsache, dass auch anderswo Tiermehl verfüttert wird. Von den etwa 10 Millionen Tonnen Tiermehl, die
in der EU jährlich produziert und verbraucht werden, entfallen nur 1,3 Millionen auf Großbritannien, jedoch 3 Millionen auf Frankreich, in dessen Schafherden ebenfalls Scrapie endemisch ist. Eine strenge Reglementierung der Kadaververarbeitung gab es lange Zeit nur in Deutschland, Östereich und Schweiz. Den stärksten Einsatz von Tiermehl in der Fleisch- und Milchproduktion gibt es in den USA.
(b) der Export britischen Tiermehls, insbesondere nach dem Verbot der Tiermehl-Verfütterung, ohne dass
anderswo bislang eine Epidemie aufgetreten ist
(c) das Auftreten von BSE zuerst in den südenglischen Rinderherden und später die dortige Häufung, während
(d) Schottland, in dessen Kadaverfabriken vorwiegend die Scrapie-Schafe gelangten, weitgehend von BSE verschont blieb
(d) die Tatsache, dass nicht alle Herden betroffen waren und in den betroffenen höchstens 3% der Tiere an BSE erkrankten, obwohl alle dasselbe Futter erhielten
(e) die massiven Zweifel, die gegen die orale Übertragbarkeit von Prionen bestehen.

4)Die Tiermehl-Hypothese wurde bald nach Sichtbarwerden einer BSE-Häufung in England als Spekulation in die Welt gesetzt, ohne das Ergebnis eines selbstverständlichen Fütterungsexperimentes abzuwarten: eine Herde wird geteilt, die eine Hälfte wird mit, die andere ohne Tiermehl gefüttert; nach 5 Jahren steht fest, ob es das Tiermehl war. Solch ein Experiment wurde nicht durchgeführt, und wenn doch, dann wurde das Ergebnis bislang nicht publiziert.

5) Nur das positive Ergebnis eines solchen Versuches (gehäufte BSE-Fälle in der Tiermehl-Gruppe) hätte Anlass sein können, weiter auf der Denkschiene „orale Übertragung“ zu forschen. Stattdessen wurde mit großem Aufwand versucht, die Tiermehl-Hypothese nachträglich zu beweisen, indem man Schafe und Mäuse, neuerdings auch Rinder und Affen, mit rohem BSE-Rinder-Gehirn fütterte. Gelegentlich gelang es auch, dass einzelne Versuchstiere ein bis drei Jahre danach Anzeichen einer spongiformen Enzephalopathie hatten, wobei nicht sicher ist, ob es tatsächlich das verfütterte rohe Gehirn war, wenn eine degenerativen Hirnerkrankung sich entwickelte.

6) Das einzige Argument, das für die Tiermehl-Hypothese sprechen könnte, ist der Rückgang der Epidemie 5 Jahre nach dem Tiermehl-Verbot. Als Beweis reicht das jedoch nicht aus, denn jede Epidemie hat bekanntlich einen Höhepunkt und bricht dann zusammen. Viel wahrscheinlicher ist die Verdünnung eines krankmachen-den Gens im Gen-Pool der Rinderpopulation aufgrund der massiven Dezimierung betroffener Herden (Stichwort: Keulen). Im Falle eines rezessiven Erbganges würde mit abnehmender Wahrscheinlichkeit defektes väterliches Gen mit defektem mütterlichen Gen kombiniert.

Zusammenfassende Antwort:
Der Erklärungsversuch mit dem Tiermehl war weniger Hypothese als Spekulation; denn es gab keine plausible Begründung, dass Prionen im Tiermehl die Ursache der BSE-Epidemie in England waren. Die Versuche, eine Begründung nachzureichen, sind wenig überzeugend.

Vierte Frage:
Wenn die BSE-Epidemie in England keine durch Prionen im Tiermehl hervorgerufene Infektionskrankheit war,
was könnten die Ursachen gewesen sein?

Jeder Erklärungsversuch muss mit folgenden Beobachtungen vereinbar sein:

1. Von BSE waren nur wenige Herden betroffen. Zwei Jahre vor dem Höhepunkt der Epidemie waren es nur 14%
der Milchrinderherden, während 86% BSE-frei waren. Die Fleischrinderherden blieben weitgehend von BSE verschont.
2. Vorwiegend war nur die Rinderrasse der schwarz-bunten Frisean-Holsteiner betroffen.
3. BSE trat nicht gleichmäßig über England verteilt auf. Betroffen waren vor allem die Counties
(Verwaltungseinheiten) in Südengland, weniger die in Mittelengland, kaum in Schottland. (Gerade Schottland sollten viele Scrapie-Schafe ins Tiermehl gelangt sein.) In Südengland grenzen Counties mit hohem oft an Counties mit geringem BSE-Befall.
4. Die Verwaltungseinheiten sind Sitz der staatlichen Besamungsanstalten.
5. Die BSE-Häufigkeit war höher bei Rindern mit Müttern aus der Zucht der eigenen Herde als bei Rindern,
deren Mütter aus anderen Herden zugekauft worden waren.
6. In einem Feldversuch erkrankten die Rinder von BSE-Müttern doppelt so häufig an BSE als Rinder von Müttern, die bis zur Schlachtung BSE-frei waren.

Eine plausible Erklärung wäre die Züchtungshypothese: Bei der BSE-Epidemie in England handelt es sich um einen genetischen Defekt bei Rindern, dessen Häufigkeit in einigen britischen Rinderherden durch Züchtung (ungewollt und lange Zeit unbemerkt) vermehrt wurde.

Die Züchtungshypothese steht im Einklang mit dem molekularen Mechanismus für die Entstehung von spongiformen Enzephalopathien bei Menschen, dem ein genetischer Defekt zugrunde liegt, so wie Prusiner ihn um 1980 aufgeklärt hat.
Es ist entweder eine vererbbare Keimbahn-Mutation (z.B. familiäre CJK) oder eine erworbene somatische Mutation (z.B. sporadische CJK). Analog zur familiären CJK wäre die BSE-Epidemie in England eine „familiäre BSE“. Krankheiten sind hinsichtlich ihrer Ursachen meist multifaktoriell.

Zusätzlich zur genetischen Komponente können andere Faktoren den Ausbruch der BSE-Epidemie mitverursacht haben. In England diskutieren Wissenschaftler, die nicht auf Regierungslinie liegen und die Tiermehl-Hypothese strikt ablehnen, als Alternative:

1. eine chronische Vergiftung durch Insektizide, deren hochdosierter Einsatz zur Bekämpfung der Dasselfliege in den 80er Jahren von der britischen Regierung angeordnet worden war (Purdey, Sommerset);
2. eine Mangan-Vergiftung durch Tiermehl, bedingt durch massive Mangan-Gaben an Hühner in Massentierhaltungen und Verwertung des Hühnerkots bei der Tiermehlproduktion; (in vitro konnte das Umklappen des fraglichen Membranproteins von der Schrauben- in die Wellblechform nachgewiesen werden,
wenn Nervenzellen in kupferarmen, manganreichen Nährmedien kultiviert wurden; Brown, Oxford);
3. eine Autoimmunkrankheit (analog zur Multiplen Sklerose bei Menschen), die durch die Vermehrung eines bestimmten, an sich harmlosen Bodenbakteriums (Acinetobacter) in stark mit Gülle getränkten Böden, erklärt wird. Mit der Mais-Silage gelangt es ins Winterfutter. Die Antikörper, die die Rinder gegen
Acinetobacter herstellen, attackieren — zwar mit wesentlich geringerer Affinität — auch bestimmte Nervenzellen, deren Oberflächenproteine zufällig eine gewisse Ähnlichkeit mit Acinetobacter-Proteinen haben. In der Tat wurden im Blut von BSE-kranken Rindern deutlich mehr Antikörper gegen Acinetobacter
gefunden, als im Blut gesunder Rinder.

Für die Hypothese, BSE sei eine Autoimmunkrankheit, die der Immunologe Prof. Ebringer vom King’s College in London vertritt, spricht auch der seit langem bekannte Befund, dass Blut von CJK-Patienten Antikörper gegen Nervenzellproteine enthält sowie die Beobachtung, dass die Zahl der BSE-Fälle in den Wintermonaten zunahm (neuer Schub der Antikörperproduktion, wenn Acinetobacter-haltige Silage gefüttert wurde).

Die beiden Intoxikationshypothesen (Purdey und Brown) und die Autoimmunhypothese (Ebringer) können jedoch nicht erklären, warum die BSE-Epidemie nicht gleichmäßig in ganz Großbritannien und in allen Rinderherden aufgetreten ist, sondern nur in wenigen Milchrinderherden, vorwiegend von einer Rinderrasse. Sie können auch nicht die Abhängigkeit von den Verwaltungseinheiten (vorwiegend in Südengland, weniger in Mittelengland, kaum in Schottland) erklären.

Ganz gleich, ob es sich bei der BSE-Epidemie in England allein um einen genetischen Defekt handelt, der durch Streben nach äußerster Produktivität herangezüchtet wurde, oder (wahrscheinlicher) um eine Kombination eines genetischen Defekts mit Umweltbelastungen, bei der die erblich belasteten (für BSE-disponierten) Tiere besonders empfindlich auf chronische Intoxikationen bzw. auf Autoimmun-Antikörper reagierten und früher erkrankten als die nicht erblich belasteten Tiere, es bleibt dabei:

BSE ist keine Seuche, keine Infektionskrankheit, die mit seuchenhygienischen Maßnahmen (Keulen ganzer Herden) bekämpft werden muss.

Fünfte Frage:
Besteht ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Auftreten der neuen Variante von spongiformer Enzephalopathie beim Menschen (90 Fälle von vCJD in England seit 1994) und der BSE-Epidemie?

1. Wenn es keinen Erreger (kein „infektiöses Protein“) gibt, der eine Enzephalopathie auf dem Nahrungswege von Tierart zu Tierart überträgt, dann kann auch der Mensch nicht durch Rindfleischverzehr infiziert werden.

2. Die in NATURE publizierte Arbeit, in der angeblich bewiesen wird, dass BSE der Ursprung der vCJK ist, hat methodische Mängel und ist nicht überzeugend. Bedenklich ist, dass der Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats der EU-Kommission in Sachen BSE, Prof. Weissmann (vom Spiegel als Europas führender Vertreter für Prionen bezeichnet), in seiner Eigenschaft als Mitherausgeber von NATURE ein Editorial vorausschickt. Darin wird den Lesern in klaren, bunten Schaubildern erklärt, welche Ähnlichkeiten und Unähnlichkeiten sie in den diffusen, schwer interpretierbaren Originalbildern der fraglichen Arbeit zu sehen haben.

3. Bei den 90 Fällen von vCJK könnte der geschärfte diagnostische Blick aufgrund einer Erwartungshaltung eine Rolle gespielt haben. Schließlich ist CJK in der Vergangenheit nicht ausschließlich in höheren Lebensaltern aufgetreten (siehe die jugendlichen Kuru-Patienten).

4. Es wird von einem custerartigen Auftreten in England berichtet (z.B. mehrere Fälle in der Nähe von Mangan-gewinnenden bzw. Mangan-verarbeitenden Industrieanlagen).

5. Im annual report 1999 der National CJD Surveillance Unit (General Hospital Edinburgh, London School of Hygiene und Tropical Medicine) steht: We have found no evidence of any dietary, iatrogenic or occupational risk for vCJD.

Zusammenfassende Antwort:
Ein kausaler Zusammenhang von BSE und vCJK (via Rinderprodukte) ist genau so unwahrscheinlich wie der von Scrapie und BSE (via Tiermehl). BSE bedeutet keine Gefahr für die menschliche Gesundheit.

Selbst bei Annahme eines Restrisikos (falls Prionen doch eine Rolle spielen) ist das Risiko, durch regelmäßigen Verzehr von Rindfleisch (oder sogar von Rinderhirn) an vCJK zu erkranken, weitaus geringer als das Risiko, bei einem Verkehrsunfall ums Leben zu kommen.

Sechste Frage:
Ist die BSE-Situation in Bayern gleich der in England?

1. Nein! Hier gibt es keine BSE-Epidemie, sondern nur Einzeltier-Erkrankungen an BSE.
2. Durch die Einführung der Schnelltests wird lediglich sichtbar, was früher, als die Rinder erst im höheren Alter geschlachtet wurden, immer wieder auftrat. Je nach Region hatten die erkrankten Kühe andere Namen: im Allgäu waren es die Hierlewirbeligen, in Oberbayern die Veitstänzer, in Niederbayern die websigen oder narrischen Kühe. Sie wurden geschlachtet. Man aß ihr Fleisch und gab das Gehirn dem Hund. Nach Berichten von Veterinären und Schlachthausmetzgern lag Anfang der 70er Jahre die Häufigkeit bei 1 zu 5.000 bis 1 zu 10.000.
3. Bis Ende Februar 2001 waren von 200.000 Schnelltests 34 positiv; das wäre eine Häufigkeit von 1 zu 6.000. Von den positiv getesteten Rindern waren vor dem Schlachten lediglich 2 auffällig, d.h. sie hatten neurologische Symptome und waren somit klinisch krank. 32 aber waren gesund; man fand lediglich bei Gewebsanalysen Hinweise darauf, dass sie irgendwann an spongiformer Enzephalopathie erkrankt wären, wenn man sie lange genug hätte leben lassen
(d.h. sie wären dann hierlewirbelig geworden).
4. Analog zu den spongiformen Enzephalopathien bei Menschen (sporadische CJK) wären die vereinzelten BSE-Fälle in Bayern eine „sporadische BSE“. Die Ursache könnte ebenfalls der genetische Defekt eines Membranproteins auf Nervenzellen sein. Dann wäre die Mutation im zugehörigen Gen aber nicht vor etlichen Generationen in den Keimzellen erfolgt (Keimbahn-Mutation wie bei den familiären Formen), sondern in einer der Nervenzellen des Individuums zu einer sehr frühen Entwicklungsphase, als die Nervenzellen noch proliferierten (somatische Mutation, vergleichbar der Krebsentstehung).
...


Schlussbemerkung von Prof. Dr. med. Roland Scholz:

Ist, aufbauend auf einer Spekulation (Prionen im Tiermehl haben die Rinder infiziert) erst der Verdacht einer Bedrohung in die Welt gesetzt (Prionen in Rinderprodukten gefährden unsere Gesundheit), dann sind die Ängste so schnell nicht abzubauen, selbst wenn der Verstand uns sagt: Das Risiko ist minimal und angesichts der Risiken, denen
wir durch Natur und technischen Fortschritt ausgesetzt sind, praktisch gleich Null.

Die Bedrohungsängste werden aber angeheizt, wenn hochrangige Politiker erklären „Wir wissen mit 100%iger Sicherheit, dass es das Tiermehl war“, oder wenn sie das Keulen ganzer Herden bei bloß einem BSE-verdächtigen Rind damit rechtfertigen, sie hätten „im Interesse des Verbraucherschutzes Vorsorge bei jedem Risiko zu treffen, und sei es auch noch so gering wie ein Meteoritentreffer“, oder wenn durch die Testerei bei jungen Schlachtrindern aufgedeckt wird, welche Alterskrankheiten sie hätten bekommen können, oder wenn durch teure Forschungsprogramme suggeriert wird, BSE und Creutzfeldt-Jacob seien das vorrangige Gesundheitsproblem — und nicht, zum Beispiel, der in jüngere Altersklassen vorrückende Krebs oder die zunehmende Nikotinsucht der Schüler.

Was ist zu tun?

1. Die Politiker sollten realistisch die Situation einschätzen, ablassen von hektischem Aktionismus und Sprüchen, wie den oben zitierten, und sich fragen, ob es außer den Prionen nicht vielleicht auch andere Erklärungen für die BSE-Epidemie in England gibt.

2. Ganz gleich, ob Tiermehl an der Entstehung der BSE-Epidemie in England beteiligt war oder nicht (z.B. als Träger von Schwermetallen und Giftstoffen), es muss als Futtermittel dauerhaft verboten werden, nicht nur für Rinder. Kadaver und Fäkalien gehören nicht in die Nahrung der Tiere, die der menschlichen Ernährung dienen. Es heißt: Tierkörperbeseitigungs- und nicht Verwertungsanstalten, — Beseitigen, nicht Verwerten, um mit Kadavern und Fäkalien noch Profit zu machen.